Apple App Store im Wandel: Was Epic-Urteil und EU-Regeln jetzt verändern

Apple steht aktuell sowohl in den USA als auch in Europa unter Druck, sein App-Store-Modell zu öffnen. In den USA zwingt ein Gerichtsurteil aus dem Rechtsstreit mit Epic Games den iPhone-Hersteller zu Änderungen bei In-App-Käufen. In der EU schreibt der Digital Markets Act (DMA) weitreichende Öffnungen des App-Ökosystems vor. Dieser Beitrag fasst die Hintergründe zusammen und ergänzt neue Entwicklungen: Apple hat zwar Berufung gegen das Epic-Urteil eingelegt, befolgt aber einstweilen die Vorgaben. Fortnite kehrt in den US-App-Store zurück – ein symbolträchtiger Schritt. Gleichzeitig übt Epic weiterhin scharfe Kritik an Apples Umsetzung der EU-Regeln, insbesondere an einer „abschreckenden Gebührenstruktur“ und technischen Hürden für alternative App-Stores. Im Fazit folgt eine Einordnung aus Sicht des Autors, der einen regulierten App Store grundsätzlich befürwortet und die Öffnung kritisch im Hinblick auf Sicherheit und Nutzererlebnis sieht.

Hintergrund: Epic Games vs. Apple in den USA

Der Konflikt begann 2020, als Epic Games versuchte, die App-Store-Provisionen von Apple zu umgehen. Epic baute in Fortnite eine eigene Bezahloption ein, worauf Apple das Spiel aus dem App Store entfernte und Epics Entwicklerkonto sperrte. Es folgte eine vielbeachtete Klage. Im Kern ging es um Apples strikte Regeln: iOS-Apps dürfen digitale Inhalte nur über Apples Zahlungssystem verkaufen, wobei Apple 30 % (bzw. 15 % bei kleineren Entwicklern) als Provision einbehält. Epic sah darin einen Missbrauch von Marktmacht und wollte entweder alternative App-Stores auf iOS ermöglichen oder zumindest andere Zahlungswege ohne Apple-Provision einsetzen.

Im Ersturteil (2021) unterlag Epic zwar in vielen Punkten, doch eine wichtige Auflage traf Apple: Das Unternehmen durfte Entwicklern nicht mehr verbieten, auf alternative Kaufmöglichkeiten außerhalb der App hinzuweisen. Nach längeren Berufungsverfahren wurde diese Auflage im Frühjahr 2025 final bestätigt. Das kalifornische Gericht entschied, dass Apple mit sofortiger Wirkung keine Gebühren mehr für Käufe außerhalb von Apps erheben darf – d. h. Apple muss Links oder Hinweise auf externe Bezahlseiten zulassen und darf an Umsätzen, die außerhalb der App abgewickelt werden, nichts mehr mitverdienen.

Apple reagierte umgehend und kündigte an, gegen diese finanziell schmerzhafte Entscheidung Berufung einzulegen. Gleichzeitig zeigt sich Apple vorerst compliant: Es gibt keine Anzeichen, dass Apple die Umsetzung der Anordnung blockiert. Tatsächlich bereiten erste Unternehmen sich schon aktiv auf die neuen Möglichkeiten vor. So hat der Zahlungsdienst Stripe nur einen Tag nach dem Urteil eine Anleitung veröffentlicht, wie Entwickler Stripe als externe Bezahloption in ihre iOS-Apps integrieren können – „ohne App-Store-Kommissionen“. Auch Patreon, eine Plattform für Creator-Mitgliedschaften, reichte umgehend ein App-Update ein, um Apples bisherige Provision zu umgehen. Einige Anbieter (etwa Spotify) kündigten an, die ersparte App-Store-Gebühr durch Preissenkungen an die Nutzer weiterzugeben. Diese ersten Reaktionen deuten darauf hin, dass der Wettbewerb bei In-App-Käufen in iOS-Apps zunimmt und Verbraucher potenziell profitieren.

Neue Entwicklungen in den USA: Fortnite kehrt zurück

Ein besonders symbolischer Erfolg für Epic ist die angekündigte Wiederveröffentlichung von Fortnite im iOS-App-Store. Tim Sweeney, CEO von Epic Games, verkündete kurz nach dem Gerichtsbeschluss, dass Fortnite bereits in der folgenden Woche wieder im US-App-Store verfügbar sein solle. Apple habe zwar Berufung eingelegt, werde das Spiel aber offenbar zulassen. Bemerkenswert ist, wie Epic dieses Comeback umsetzt: Da Apple das ursprüngliche Entwicklerkonto von Epic 2020 gesperrt hatte, will Epic Games nun einen in Europa registrierten Entwickler-Account nutzen, um Fortnite in den US-App-Store einzustellen. Offensichtlich duldet Apple dieses Vorgehen – ein Indiz dafür, dass sich die Fronten nach Jahren des Streits etwas entspannen. Sollte Fortnite tatsächlich nach fast drei Jahren Abwesenheit offiziell auf iPhones zurückkehren, wäre das ein Meilenstein und Signalwirkung für andere Entwickler. Epic demonstriert damit, dass es möglich ist, Apples Restriktionen zu überwinden, wenn auch mit kreativen Mitteln. Für Apple bedeutet es auf der anderen Seite, dass ein zuvor verbanntes Top-Spiel zurückkehrt, ohne dass das Unternehmen nachgeben wollte – sondern weil es musste.

Regulierung in Europa: Digital Markets Act (DMA)

In Europa folgt die Öffnung des App-Store-Ökosystems einer anderen Logik: Nicht Gerichte, sondern Gesetzgeber sorgen mit dem Digital Markets Act für neue Spielregeln. Seit März 2024 ist Apple als sogenannter „Gatekeeper“ verpflichtet, alternative App-Stores, alternative Zahlungsmethoden und den Direkt-Download von Apps (Sideloading) zu ermöglichen – zunächst beschränkt auf iOS-Geräte in der EU.

Apple hat diesen Vorgaben formal entsprochen und in iOS 17.4 entsprechende Schnittstellen eingeführt. Entwickler können nun eigene App-Stores entwickeln, Nutzer können Apps außerhalb des Apple App Stores installieren. Doch: Diese neuen Freiheiten sind aus Sicht vieler Marktteilnehmer mit hohen Hürden und Kosten verbunden.

Epic Games etwa kritisiert Apples Umsetzung scharf: Die neue Core Technology Fee in Höhe von 0,50 € pro App-Installation (ab 1 Mio. Downloads jährlich) schreckt aus Sicht vieler Entwickler vom alternativen Vertrieb ab. App-Stores von Drittanbietern müssen diese Gebühr sogar ab der ersten Installation zahlen. Außerdem sei der Installationsprozess für alternative Stores auf iPhones mit abschreckenden Warnungen versehen, was viele Nutzer vom Wechsel abhält.

Vergleich: USA, Deutschland, EU

AspektUSA (Epic-Urteil)DeutschlandEU (DMA)
Alternative ZahlungslinksJa (gerichtlich erzwungen)Nein (Stand heute)Ja (im Rahmen von alternativen Stores erlaubt)
Alternative App-StoresNeinNoch nicht (aber möglich über EU-Regel)Ja, verpflichtend seit März 2024
Sideloading erlaubtNeinNoch nichtJa, mit technischen Einschränkungen
Apple-Provision umgehbarJa, bei externen KäufenNeinJa, aber nur außerhalb des App Stores
Gerichtliche oder gesetzliche GrundlageGerichtsurteil (Kalifornien)EU-Recht gilt direktDigital Markets Act

Fazit: Chancen und Risiken der Öffnung

Apple durchlebt eine Zäsur: Erstmals in der iPhone-Geschichte wird das strikte App-Store-Modell von außen aufgebrochen – sei es durch juristischen Zwang in den USA oder durch Regulierung in Europa. Für Entwickler und Wettbewerber ergeben sich daraus zweifellos neue Chancen. Sie können Zahlungsgebühren sparen, eigene Vertriebswege aufbauen und insgesamt freier agieren. Verbraucher könnten von günstigeren Preisen und mehr Auswahl profitieren. Die Rückkehr von Fortnite auf iOS symbolisiert, was möglich wird: Selbst ein zuvor verbanntes Spiel kann wieder zugänglich gemacht werden, wenn die Rahmenbedingungen sich ändern.

Dennoch ist die Entwicklung nicht frei von Schattenseiten. Aus Sicht des Autors – der grundsätzlich Anhänger eines kuratierten und regulierten App Stores ist – bringen die erzwungenen Öffnungen auch erhebliche Risiken und Nachteile mit sich. Die einheitliche, sichere Nutzererfahrung auf iPhone und iPad könnte leiden. Bislang konnten sich Nutzer darauf verlassen, dass Apps zentral geprüft werden und einheitliche Schnittstellen (z. B. In-App-Kauf via Face ID, Familienfreigabe, Abo-Management) bieten. Wenn nun jeder Anbieter sein eigenes Süppchen kocht – mit separaten Zahlungsabwicklungen, App-Quellen und Update-Mechanismen – steigt die Komplexität für den Endanwender. Es droht eine Fragmentierung der Plattform, die an Android-Verhältnisse erinnert. Gleichzeitig könnten Sicherheitsrisiken zunehmen: Apple selbst warnt, dass Apps außerhalb des offiziellen Stores potenziell Betrug, Malware oder unerwünschte Inhalte enthalten können, denen man nicht so leicht vorbeugen kann. Zwar versucht Apple gegenzusteuern (etwa durch die erwähnte Beglaubigungspflicht und Warnhinweise), aber diese Maßnahmen sind ein Balanceakt: Werden sie zu strikt, ersticken sie den Nutzen der neuen Freiheit – sind sie zu lax, könnten sie die iOS-Nutzer in Gefahr bringen.

Am Ende gilt es, einen Mittelweg zu finden. Weder sollte die „schöne App-Store-Welt“ unreflektiert glorifiziert werden, noch die Öffnung um jeden Preis vorangetrieben, ohne die Konsequenzen im Blick zu haben. Apple wird seine Politik vermutlich weiter anpassen (müssen), je nachdem wie Gerichte und Regulierer entscheiden. Ob die Vorteile – mehr Wettbewerb, Innovation und Preisdruck – die potenziellen Nachteile – geringere Sicherheit und Komforteinbußen – überwiegen werden, muss die Praxis zeigen. Aus heutiger Sicht steht fest: Das App-Ökosystem von iPhone und iPad befindet sich im Umbruch. Für Entwickler, Nutzer und Apple selbst brechen spannende, aber auch herausfordernde Zeiten an. Es bleibt zu hoffen, dass am Ende alle Seiten profitieren können – durch einen App Store, der offen genug für fairen Wettbewerb ist, zugleich aber weiterhin vertrauenswürdig und benutzerfreundlich bleibt.

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